Sonntag, 4. März 2012

„Ich nehme an, ich kann abservieren?“


Die üblichen Erlebnisse mit Gutscheinplattformen oder eine tragische Ausnahme, die die Regel doch irgendwie bestätigt?




Hier und da hört man Gutes, hier und da aber auch Schlechtes über Gutscheinplattformen. Manch einer geht das Risiko dann doch ein, weil die „Deals“ einfach zu verführerisch klingen. Und vor drei Wochen hatte Seppi doch erzählt, dass er mit seinem Gutschein ein echtes Schnäppchen gelandet hatte, 78% gespart, toll. Dass Regina mit ihrem 51%-Deal nicht so glücklich war, diese Geschichte ist schon wieder in weite Ferne gerückt.


Und auch dieser Deal von Groupon Wien klang wirklich verführerisch:


„Cooler Sound und köstliche Cuisine: Hier stehen die Top-DJ’s nicht nur an den Turntables, sondern auch am Herd - Einmalig in Wien veranstaltet die chillige Bar jeden Donnerstag die populäre Eventreihe „Kochen mit Hirn““


Der Gutscheintext versprach ein köstliches 3-Gänge Menü im Rahmen einer tollen Party bei Lebemann und Hirn im 6. Bezirk in Wien. Die genauen Konditionen klangen simpel:


„Gilt für ein 3 Gänge Menü inkl. Eintritt für eine oder zwei Personen, Wähle deine Option beim Klick auf Jetzt kaufen!, Option 1: 3 Gänge Menü inkl. Eintritt für eine Person um 24 statt 56 €, Option 2: 3 Gänge Menü inkl. Eintritt für zwei Personen um 45 statt 112 €“


Toll also, drei Gänge für zwei Personen um 45 Euro. Und der Normalpreis, so las sich heraus, 112 Euro, das ist ja ein echtes Schnäppchen! DJs kochen, das ist ungewöhnlich, da wird man sicher einen schönen Abend verbringen.


Das tolle an diesen Gutscheinplattformen ist ja, so ein Gutschein ist schnell gekauft. Zu schnell vielleicht.


Die Bedingungen sahen eine Reservierung per E-Mail vor, also schrieb ich eine E-Mail an Lebemann und Hirn mit der Bitte um Reservierung für zwei, Angabe der Gutscheinnummer und dem Hinweis, dass eine der beiden Personen kein Fleisch isst.

Wie ging es dann weiter?
Ich lud einen guten Freund, dem ich ohnehin noch ein Essen schuldig war, ein, mit mir zu kommen. Der Rest des Abends ist Geschichte. Die ich hier in Form der Beschwerde wiedergeben möchte, die zunächst an Groupon, in weiterer Folge aber auch an Lebemann und Hirn direkt ging. Natürlich hätte ich bei Groupon auch anrufen können. Und dem Unternehmen im Rahmen ihrer Mehrwertnummer noch mehrere Euro extra zukommen lassen. Nein, dann lieber eine E-Mail:

„Ich habe natürlich den Gutschein für 2 gekauft und mich auf eine tolle Veranstaltung gefreut. Ich habe drei Wochen im Voraus gleich reserviert.
Auf der Webseite von Lebemann und Hirn kann man nachsehen, welche DJs zum Event kochen sollen.
Bis zum allerletzten Tag stand dort für das entsprechende Datum "To be announced"
Ich dachte mir also: Toll, ein Überraschungs-DJ. Das wird lustig.

Dann kamen wir in dem Lokal an.

Wir waren die einzigen Gäste.
Erst haben wir uns nichts dabei gedacht, weil das Event laut Info um 21 Uhr losgehen sollte und es war ja erst 20:40.
Auf den Tischen war eine wunderbare Dekoration. Jeder Tisch war mit einem Bierglas geschmückt, in dem ein verwelkter Bambus stand. Das ist kein Witz, ich hätte jeden einzelnen Bambus schon vor Wochen entsorgt, wenn der so aussieht wie die dort alle ausgesehen haben. Aber gut, über Dekorations-Geschmack lässt sich wohl streiten.
Um 21:00 war sonst noch niemand da.

Bei der Getränkebestellung habe ich gefragt, ob eh eines der beiden Menüs, so wie ich es per E-Mail bei der Vorreservierung bestellt hatte, vegetarisch sei. Daraufhin ist die Kellnerin entsetzt in die Küche gestürzt und mit den Worten wiedergekommen, das hätte ich bei der Reservierung bekannt geben müssen. Hab ich ja, sagte ich und hatte sogar die Mail dabei. Daraufhin hieß es, das hätten sie wohl vergessen und sie lassen sich was einfallen.
Um etwa 21:10:
Immer noch alle Tische leer. Das DJ-Pult war auch leer, dafür wurden wir von überlauten Clubsounds beschallt, die einem Club Couture alle Ehre gemacht hätten.

Uns wurde ein Teller mit Besteck mit Plastikgriff vorgesetzt.
Um etwa 21:15 wurde uns ein Salat serviert.
Mein Freund bekam einen Blattsalat mit Cocktailtomaten und ein paar Scheiben Entenbrust.
Ich bekam einen Blattsalat mit Cocktailtomaten und einem Toast mit Schmelzkäse.

Ich habe mir noch nichts dabei gedacht, der Salat war ganz okay und ich dachte mir, es ist ja nur die Vorspeise.

Zur Hauptspeise bekam ich mehr als einen Teller vorgesetzt, auf dem ein riesiger Klecks von einem giftgrünen Brei sofort ins Auge stach. Daneben thronte ein einzelnes verbranntes Spiegelei auf einer schwarzen Masse, die auf den ersten Blick undefinierbar war, sich auf den zweiten Blick dann als komplett verbrannter Zucchini herausstellte. Und daneben lagen einige Karottenstreifen.
Ich bin niemand, der heikel ist. Im Gegenteil, solange es kein Fleisch ist, esse ich eigentlich alles. Aber dieser Teller sah so widerlich aus, dass mir sofort schlecht wurde.

Mein Freund bekam etwa 5 Minuten später einen Teller, auf dem ebenfalls ein Klecks dieses giftgrünen Breis war. Darauf wiederum thronte eine dünne Scheibe Schweinefleisch und darauf waren einige Karottenscheiben geknallt. Das ganze schwamm in einer Wasser-Fett-Mischung.

Ich war mehr als entsetzt und bin sofort zur Kellnerin gegangen, um sie zu fragen, ob sie das wirklich ernst meinte mit dem Essen. Ich erklärte ihr, dass ich für ein Essen, für das ich normalerweise pro Person 56 Euro zahle keinen giftgrünen Babybrei mit verbranntem Gemüse erwarte.
Daraufhin hat sie den Lokalbesitzer geholt, der mir erklärt hat, er würde an diesem Essen nur 17 Euro pro Person verdienen und das sei dieses Essen allemal wert. Zumal er es ja kochen und zubereiten müsse und dafür auch Ausgaben hätte.

Ich erklärte ihm, dass ich einen Gutschein gekauft habe für ein DJ Koch Event. Dass hier weit und breit kein DJ sei, dass von Event daher schon mal keine Rede sein könnte. Dass ich hier ein Essen erwarte und ein Erlebnis, das 112 Euro zumindest annähernd gerecht wird und dass das Essen, das mir hier vorgesetzt wurde nicht mal 10 Euro wert sei. Daraufhin hat er mir gesagt, er könne nichts dafür, das sei die Schuld von Groupon und ob er abservieren kann.
Ich habe ja gesagt, woraufhin er die fast unberührten Teller abserviert hat, in der Küche das Licht ausgeschaltet hat und wieder gegangen ist. Mein Freund fragte ihn im Vorbeigehen, was denn mit dem dritten Gang sei, für den wir ja auch gezahlt haben. Daraufhin ist er wieder in die Küche gegangen, kurze Zeit später wieder rausgekommen und hat uns zwei Trinkgläser mit etwas Vanilleeis hingestellt.

Wir haben daraufhin unsere Sachen gepackt, die Getränke gezahlt und sind gegangen.“

An Groupon schloss die Nachricht mit der Bitte um Retournierung des Geldes. An Lebemann und Hirn mit der Bitte um Klärung und Lösung des Problems, nachdem bei der Beschwerde vor Ort niemand bereit war, auf mich einzugehen. Und jeweils natürlich mit meinem Namen.

Das Feedback der Unternehmen
Spannend nun die Reaktionen, die folgen.

Von Groupon erhielt ich die folgende Antwort:

„vielen Dank für Ihre Nachricht.

Wir bedauern, dass Ihre Erfahrungen mit diesem Angebot so unerfreulich waren. Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten. Selbstverständlich sind auch wir daran interessiert, dass unsere Kunden mit den angebotenen Dienstleistungen ausschließlich positive Erfahrungen machen.

Leider haben wir jedoch auf die Leistungserbringung vor Ort keinen Einfluss. Die in einem Gutschein verbriefte Leistung erbringt der jeweilige Partner gegenüber dem Kunden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Daher ist es immer wichtig, dass die Kunden bereits vor Ort Ihre Beschwerde direkt dem Partner gegenüber äußern, damit dieser die Möglichkeit hat, zu reagieren.

Da uns Ihre Zufriedenheit sehr am Herzen liegt, bieten wir Ihnen an 6 € auf Ihren Grouponaccount gutzuschreiben. Dieses Guthaben wird Ihnen für 12 Monate zur Verfügung stehen.

Dazu benötigen wir jedoch eine kurze Bestätigung von Ihrer bei uns registrierten E-Mailadresse.

Wir hoffen das Ihre zukünftigen Deals Ihre Erwartungen voll erfüllen. Für eventuell auftretende Fragen oder weitere Informationen, antworten Sie uns auf einfach diese E-Mail.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Wandler“

Gut dachte ich mir, dass kann es doch nicht sein. Wer ist denn nun, so fragte ich, Schuld an diesem Erlebnis und an wen soll ich mich denn jetzt wenden? Darauf die Antwort:

„vielen Dank für Ihre Rückmeldung.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass laut unseren AGB Herausgeber der Gutscheine und Schuldner der in den Gutscheinen angegebenen Leistungen oder Waren allein die jeweils angegebenen Partner sind, die diese Leistungen auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbringen, weshalb Groupon gegenüber dem Kunden für Pflichtverletzungen des Partners bei der Leistungserbringung nicht haftet. Daher ist es wichtig, dass Sie Ihren Anspruch direkt beim Leistungserbringer einfordern.

Wir haben aber vollstes Verständnis für Ihre Unannehmlichkeiten und für die bei Ihnen entstandene Unzufriedenheit. Daher bieten wir ihnen gerne erneut die Gutschrift in Höhe von 6,00 € auf Ihrem Groupon Kundeaccount an. Bitte haben Sie Verständnis dafür. dass darüber hinausgehende Forderungen nur direkt bei unserem Partner einzufordern sind.

Bitte teilen Sie uns mit, ob wir die Gutschrift für Sie durchführen können.

Für eventuell auftretende Fragen stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Beatrice Malertz“

Aja, so dachte ich weiter. Da haben sie irgendwie Recht. Immerhin war es ja Lebemann und Hirn, die mir den Abend nicht nur versaut haben, die vor allem auch nicht das gebracht hatten, was im umfassenden Gutscheintext beschrieben wurde.

Also schrieb ich meine Beschwerde an Lebemann und Hirn. Und erhielt am nächsten Tag prompt diese Antwort:

herzlichen dank für ihre kritik

zumindest hatten sie ja ein erlebnis das sie noch immer beschäftigt -

sehr geehrte devilsbabe 
(Anm.: Obwohl ich meinen vollständigen Namen angegeben hatte, wurde der nicht genannt, sondern nur die E-Mail Adresse, von der ich geschrieben hatte) - es tut uns leid sie wohl nicht mehr als gast begrüßen zu dürfen

mfg“

Einsehen nun also keine Spur. Von Seiten des Unternehmens wurde der Deal erfüllt. Dafür nimmt man bei Lebemann und Hirn gerne in Kauf, dass zwei kleine, unwichtige Kunden unzufrieden sind.

Doch wer ist nun wirklich Schuld an diesem Erlebnis? Ist es Groupon, das einem kleinen Lokal einen unlösbaren Deal aufgedrückt hat, den es unmöglich erfüllen konnte oder ist es das Lokal, das sich mit dem Gutschein einfach übernommen hat?
Meiner persönliche Meinung nach hätte Groupon den Deal mit dem Lokal sicher besser abklären können, aber auf der anderen Seite ist es die Verantwortung des Lokals, keine Angebote an Konsumenten zu machen, die sie letztlich ohnehin nicht erfüllen können oder wollen. Meine Ansicht ist auch, dass Groupon keine Schuld daran hat, wie der Lokalbesitzer vor Ort mit meiner Beschwerde umgegangen ist und erst recht hat Groupon keine Schuld an dieser außerordentlich schnippischen Antwort auf meine E-Mail.

Sind solche Deals also immer wie Roulette, das mal schiefgehen kann und mal nicht, weil man ohnehin bei niemandem Beschwerden geltend machen kann, da niemand die Schuld bei sich sucht? Oder haben wir einfach generell zu hohe Ansprüche, die durch allzu reißerisch formulierte Angebote entstehen? Welche Ansprüche hätte man aber an einen Abend, der zwei Personen regulär 112 Euro kostet, wenn man nur den Text der Webseite kennt…?

Bei der Veranstaltung
"Kochen mit Hirn"
hast du jeden Donnerstag bei uns die Möglichkeit dich von DJ´s einmal anders verwöhnen zu lassen
- nämlich kulinarisch !
Jeden Donnerstag ab 21 h zaubern die Plattenakteure dann aus Ihren Töpfen ein drei, vier oder mehrgängiges Menü für dich auf deine Teller !
Das einzige was du dafür tun mußt ist dich per mail an office@lebemann.at bitte bis spätestens einen Tag vorm jeweiligen Termin verbindlich anzumelden.

Eure Meinungen dazu?






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